Bei Spiegel Online kann man heute ein weiteres Interview zu Sinn und Unsinn der Finanzkrise lesen. Dieses Interview fand ich aber tatsächlich ganz lustig. Dov Seidman, ein amerikanischer Philosoph, erklärt uns hier ganz anschaulich, wie das eigentlich alles funktioniert mit dem bösen Kapitalismus.
Zunächst stellt sich die Frage, was für den Spiegel “ein Philosoph” ist: Dieser Begriff lässt sich ja vom Hochgelehrten über den Zen-Meister-Einsiedler bis auf den Fußgängerzonenprediger auf fast jedes intelligente Wesen anwenden. Das Interview erweckt den Eindruck, dass es sich bei Seidman um eine erfrischende Mischung aus Fußgängerzonenprediger und Krawattenträger handelt, es könnte schlimmer sein.
Das Interview ist zumindest intelligenter als seine Überschrift: “Guter Kapitalismus funktioniert wie im Fußball.” Dieser Titel legt nahe, dass ihm einige weitere Floskeln wie: “Schlechter Kommunismus scheitert wie im Wettfressen” oder: “Halbgarer Liberalismus hangelt sich durch wie im Schattenboxen.”, aber so schlimm ist es gar nicht.
Seidman, der ein Buch geschrieben hat mit dem hochphilosophischen Titel: “Die La-Ola-Welle. Es kommt nicht darauf an, was du tust sondern wie.”, das mich spontan an meine noch zu schreibenden Werke: “Der Massenrülpser. Früher Vogel fängt den Wurm.” und “Das Arschbombenmassaker. Was du nicht willst das man dir tu, das füg auch keinem andern zu.” erinnert, stellt uns seine bahnbrechende Einsicht vor, dass gerade in der globalisierten Welt alles mit allem zu tun habe.
Alles hat mit allem zu tun! Was für ein Beitrag zur Geistesgeschichte. Aber verlachen wir den Gelehrten nicht, sondern beherzigen seine Weisung. Man soll also nicht mehr auf Häuser in Ohio wetten, weil man damit die Volkswirtschaft Islands ruinieren könne, heißt es in dem wahnsinnigen Wortwechsel.
Ich gebe es zu: Ich habe gesündigt. Gestern habe ich eine Kastanie auf die Straße geworfen und gewettet, dass sie unter den darüberfahrenden Autos zerplatzt. Alles halb so wild, dachte ich, Kastanie zerplatzt, Affe tot. So einfach ist es aber nicht: Weil ja alles mit allem zu tun hat, muss man auch das Folgende bedenken: Ein kleiner Rest der Kastanie ist am Reifen des Autos kleben geblieben und dient später in der heimischen Garage der zornigen Ehefrau als Beweis dafür, dass ihr Mann mit dem Auto unterwegs war, während sie dachte, er sitze in der Badewanne. Der Fall ist klar, er war bei der Geliebten und wird prompt aus dem Haus geworfen. Nicht weiter tragisch, der Mann hat zehn andere Häuser ist aber von dem Ereignissen doch soweit innerlich aufgewühlt, dass er im entscheidenden Meeting “Mhm” sagt, auf die Frage, ob man die Steckdosen in der Firma neu verlegen solle. So kommt ein Steckdoseninstallierunternehmen zu einem Riesenauftrag und hat nun das Geld um eine Wurstfabrik im schwarzwald zu übernehmen und der hat den Färöer Inseln eine Menge Geld geliehen, was nun zurückgefordert wird und den Staat der Färöer so in verlegenheit bringt, dass ihm nichts anderes übrig bleibt, als einen Krieg anzufangen. Aus Ermangelung an echten Gegnern greift man einfach die eine Hälfte der Welt an, was in diesem Fall bedeutet, dass man diesen Ländern den Krieg erklärt und die naheliegenden mit einer Schrotflinte beschießt. Die angegriffenen Länder erklären nun wiederum den Färöern den Krieg, was die nicht angegriffenen veranlasst aus Solidarität mit den Färöern in den Krieg miteinzusteigen. Und schon haben wir den Salat in Form des Dritten Weltkriegs!
Ich will mich bedanken für diese Erkenntnis, die dazu geführt hat, dass ich den ganzen Tag heulend durch die Gegend schniefe, weil ich eigentlich permanent potentielle Kriege anfange und alles, was mich tröstet ist die Tatsache, dass das bei allen anderen auch so ist und sich so letztendlich alles wieder aufhebt.