Die Bild hat mal wieder eines ihrer Pamphlete über die Gegenwartskunst veröffentlicht. Diesmal geht es um die Düsseldorfer Ausstellung “Diana und Actaeon – Der verbotene Blick auf die Nacktheit.” Hier werden durchgehend Werke gezeigt, in denen nackte Frauen (von Männern war nichts zu sehen) in allen möglichen Formen und Farben dargestellt wurden. So weit so gut. Die Bild gibt sich jetzt aber ganz weltmännisch und verurteilt nicht etwa die Ausstellung an sich, was ja auch etwas seltsam gewesen wäre, wo sie doch selber immer ihr Mädchen auf Seite eins veröffentlicht, wobei die Bidl natürlich nicht behauptet, dass das Kunst sei, aber so philosophisch geht es in dem Artikel dann doch nicht zu.
Nein, die Bild stellt fest, es sei ja völlig in Ordnung, nackte Frauen zu zeigen, so lange das auch schön anzusehen sei, ich glaube es fällt sogar das Wort “geschmackvoll”, bei dem ich mir unwillkürlich Graf Dracula vorstelle, der seinem Diener sagt, die letzte Jungfrau, die er ausgesaugt habe, sei durchaus geschmackvoll gewesen. Was nun laut der Bild gar nicht geht, ist wenn auf den Bildern nicht ganz liebe süße Frauen gezeigt werden, die rein zufällig nichts anhaben, sondern gefesselte Frauen, Frauen, die sich selbst befriedigen oder ihre Tage haben und das in Großaufnahme.
Das sei nämlich keine Kunst, sondern Pornographie. Ich weiß nicht wie weit man mit dieser Definition kommt. Das hieße ja, dass jeder Porno, in dem keine Großaufnahmen vorkommen und niemand gefesselt wird oder seine Tage hat, Kunst wäre. So hätte die Bild dann zumindest ihr Mädchen von Seite eins zum Kunstwerk erklärt, aber warum soll denn das andere keine Kunst sein?
Offenbar ist für die Bild nur das Kunst, was möglichst wenig irritiert und Männer dezent aufgeilt. Fußball wäre demnach wohl der Inbegriff von Kunst oder Würstchen oder Bier. Keine Kunst wäre dagegen ein Bild von Picasso, die Anzeigentafel bei der Bahn oder ein Bild von Jesus am Kreuz.
Eine interessante Sichtweise, die die Bild da ins Spiel bringt, ich werde mich in Zukunft nur noch für Kunst starkmachen, die Frauen süffisant lächeln lässt und immer etwas mit Blumenkohl zu tun haben muss, das Ergebnis würde mich sehr interessieren.
Guten Morgen, Harry!
Warum nur hast Du in diesen Artikel keine Illustration eingebettet? Nimmst Du etwa Deinen Aufklärungs- und Bildungsauftrag weniger ernst als diese Tageszeitung? So kann ich zur Sache selber nicht viel sagen, denn ich lese ja weder die Bild, noch kenne ich die Ausstellung. Wie soll ich da zu einem Urteil kommen, das sich mit dem von Dir zitierten differenzierten Pressekommentar messen kann? Ich möchte gerne Bilder sehen, möglichst viele und mit Großaufnahmen, wenn es geht.
Wovon ich allerdings auch so etwas verstehe, ist der Bahnhof. Die Anzeigentafeln der Bahn sind in meinen Augen ebenso preisverdächtige Kunst wie ihr Fahrplan, den Vicco von Bülow mit den bekannten Worten kommentiert hat: “Mit den Worten ‘in Saarbrücken Hauptbahnhof kann mit Anschluß nicht gerechnet werden’ schließt das Werk. Es sollte in keinem Bücherschrank fehlen.” Dabei bin ich mir sicher, daß zwischen dem Saarbrücker Hauptbahnhof und dem Thema Pornographie ein direkter Zusammenhang besteht – was für ein raffinierter Verweis! Fast möchte man meinen: wahre Kunst, aber das geht ohne klar definierte Periode wohl nicht an.
Ob das hier aber interessiert? Ich fürchte: nein.
Also, wenn es recht ist, nimm Dir ein Beispiel an Springer und vermittle uns ein Bild von den unzüchtigen Zuständen, die Du beschreibst. Lederriemen und Tampons darfst Du dabei gerne weglassen – zumindest mir schmecken solche Dinge nicht, und eigentlich ist sowas auch keine Kunst.
Herzliche Grüße,
Sigmar