Richtig reden oder Kampf dem Power Point

Bei der Süddeutschen habe ich gerade einen Artikel über mangelhafte Rethorik gelesen. Neben allerlei allgemeinen Feststellungen über die schlechten Vorträge hierzulande wird dort auf ein Faktum hingewiesen, das ich hier noch einmal besonders hervorheben will: Viele Redner verwenden unglaublich viel Zeit auf das Anfertigen einer Power-Point-Präsentation, vernachlässigen aber völlig den eigentlichen Vortrag.

Dieser Unsitte bin auch ich als nun fast ehemaliger Student in meinem Studium immer wieder begegnet. Jemand betritt einen Raum. Er sagt etwas. Nach einiger Zeit hat mein Gehirn die notwendigen Ressourcen freigegeben, um das Flüstern des Vortragenden so weit zu verstärken, dass ich die meisten Wörter zur Hälfte verstehe. Es stellt sich heraus, dass die Person aber nur das erzählt, was ich eh schon weiß. Vor zehn Minuten habe ich mir an die Wand projizierte Stichpunkte durchgelesen, die nun in letztlich überflüssige Sätze und Stotterer verpackt einfach noch einmal wiederholt werden.

Ich habe das nie verstanden: Glauben diese Leute, ich könne nur lesen, wenn man mir vorher erzählt hat, was da steht? Denken die wirklich, es sei beeindruckend, ein paar Spiegelstriche und Wörter an die Wand zu werfen? das ist ja ungefähr so aufregend wie ein Lehrer, der in die Klasse kommt und verkündet: Aufgepasst Kinder! Heute werde ich mal was an die Tafel schreiben!

Power Point fängt nicht zufälligerweise mit dem gleichen Buchstaben wie die Pest an. Es ist eine Seuche. Zugegeben, es gibt auch gute Power-Point-Präsentationen, aber da werden Bilder gezeigt und dann sagt man etwas dazu.

Weitere beliebte Power-Point-Präsentatorenfehler:

– ich habe hier zehn Punkte aufgeschrieben, besonders hervorheben möchte ich den vorletzten und den dritten Punkt, der Rest ist eigentlich nicht so wichtig… – Wenn die Punkte nicht wichtig sind, warum stehen sie dann da drauf?

– Ich muss das jetzt ja nicht so genau erklären, Sie haben ja die Folien – Ja, aber auf den Folien stehen keine erläuternden Sätze, nur Stichpunkte, die eben der Erläuterung bedürfen!

– Ich habe hier noch ein paar Tabellen hinzugefügt – Tabellen nützen einem wenig, wenn man sie aus der letzten Reihe nicht entziffern kann und sie im Zwei-Sekunden-Takt durchgezappt werden. Das erweckt eher den Eindruck, jemand wolle die Fehler dieser Tabellen verschleiern.

– Die Farbe. Warum um Himmels willen nehmen alle immer die gleiche Formatvorlage? Gibt es in diesem Programm denn wirklich nur Blau in verschiedenen Abstufungen?

Ach, ich könnte ewig weiterwettern. Warum halten sich Menschen gegenüber Computerprogrammen nur für so minderwertig? Computer sehen lang nicht so gut aus wie wir, zumindest nach menschlichen Maßstäben. Sie können keine spontanen Fragen beantworten und außerdem sind sie unglaublig spießig. Es gibt wohl keine größeren regelversessenen Korinthenkacker als Computer. Sobald man mal etwas unkonventionell erledigen will, geht gar nichts mehr. Aber was reg ich mich auf, ich sitze ja selber gerade an einem.

2 Gedanken zu “Richtig reden oder Kampf dem Power Point”

  1. Der schlimmste Powerpointfehler aus meiner Sicht ist allerdings:
    Rote Schrift auf blauem Hintergrund oder blaue Schrift auf rotem Hintergrund. Das kann man zwar auch als Farbenblinder im Prinzip lesen, aber: Die benutzten Rot- und Blautöne haben meistens die gleiche Helligkeit. Was bringt mir Farbkontrast, wenn kein Helligkeitskontrast da ist? Aber erklär das mal jemandem so, dass er es tatsächlich versteht… verstanden?

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