Tagesessen

Ich weiß gar nicht genau, wann ich zum ersten Mal ein Tagesessen bei einem Mittagstisch gegessen habe. Es muss irgendwann im Studium gewesen sein. Ich war sicher mit Menschen essen, die schon arbeiteten und für die das völlig normal war, während ich die letzten Groschen meines Bafögs zusammenkratzte und so tat, als wäre das auch für mich völlig normal.
So ein Mittagstisch ist ja schon eine schöne Einrichtung. Man geht einfach Mittags im Restaurant essen. Wenn man bei der Arbeit keine Kantine hat, geht ja oft nichts Anderes, es sei denn, man bringt sich immer selber sein Pausenbrot mit oder man geht eben doch einfach zum Bäcker.
Je nach Mittagstisch wünscht man sich danach manchmal auch, man wäre doch einfach zum Bäcker gegangen. Als Student ging ich anosnsten immer in die Cafeteria der Mensa. Also, am Anfang bin ich noch in die richtige Mensa gegangen, aber das Mensa-Essen in Tübingen eignet sich von der Qualität her eher für den langsamen Suizid von innen. Ernährung kann man das nicht wirklich nennen.
Noch heute komme ich mir bei so einem Mittagstisch so ein bisschen dekadent vor. So, als würde ich mitten am Tag ganz kurz Urlaub machen. Und tatsächlich ist es auch wie im Urlaub: Wie die Unterkunft kann man beim Essen jede Kategorie erleben. Von unverhoffter Erleuchtung an Früchten mit Trüffelschaum bis zur Enttäuschung an farblosem kaltem Brei.
Insofern ist der Gang zum Bäcker oder in die Cafeteria eher der Camping-Urlaub unter den Mittagessen. Seltsam, dass in unserer Kultur gewisse preiswerte Lösungen immer so ein wohliger Charme umgibt, wenn man sich einmal mit gewissen Einschränkungen abgefunden hat. Je weiter man in der Bereich des Luxus vordringt, desto größer ist die Möglichkeit für herbe Enttäuschungen.
Nur eines ist da nicht so ganz zu vergleichen. Urlaub zu Hause ist doch oft ein bisschen öde. Selber kochen hingegen ist unübertroffen. Wenn man es kann.


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