Meine sechs Monate alte Tochter isst ein Steak. Zumindest sieht es so aus, wenn sie das Fühl-und-Knisterbuch, das vor ihr liegt mit ihrem Kiefer bearbeitet. Ich muss einfach immer an Dokumentarfilme denken, in denen man sieht, wie Tiger eine Beutetier vertilgen.
Heute war unser Tag. Der Sohn hatte Freigang bei den Großeltern, was jetzt einfach mal nötig war, meine Frau war bei der Arbeit und meine Tochter hatte mich ganz für sich. Ich dachte ja erst: Hey, das große Kind ist weg! Ich hab frei! Im Laufe des Tages erkannte ich dann wieder, dass auch so ein süßer zerbrechliches Wesen, das noch nicht mal sprechen kann, einen trotzdem den ganzen Tag auf Trab hält.
Aber ich habe die Zeit genutzt und wichtige Dinge mit ihr geklärt. Zum Beispiel das Robben. Ich habe ihr vorgemacht, wie das aussieht, wenn man sich mit den Ellbogen über den Boden zieht. Und ich hoffe, sie kann es besser als ich. Ich habe es nur geschafft, weil ich heimlich mit den Füßen nachgeholfen habe. Sie hat es trotzdem eifrig versucht. Ich glaube, ihr fehlt manchmal das Publikum im großen Familienverbund.
Als Sohn und Mutter wieder zu Hause waren, war dann auch schnell der alte Lautstärkepegel wieder hergestellt. Schreiorgien beim Essen, Verweigerungsorgien beim Hände waschen. Nach langer Autofahrt war der Sohn so ausgeschlafen, dass er zum Runterkommen vor dem Schlafen gehen noch ein “Bauminsekt” aus einem Zweig im balkoneigenen Sandkasten zum Leben erwecken musste.
Zum Zähne putzen forderte er dann ganz der große Bruder, der immer noch ein Video auf dem Smartphone gucken darf, damit die Eltern ihm die Zähne reinigen können, einen “Film ohne Tiere.” Mir war es recht. Ich hatte ja schon zu Beginn des Tages genug mit wilden Tieren zu tun gehabt.